Donnerstag, 22. August 2013

Offener Brief an Dr. Sagmeister: Blick der Geschichte

Von: Peter Wagner
Datum: 22. August 2013 19:48:45 MESZ
An: bh.oberwart@bgld.gv.at
Betreff: Blick der Geschichte

Sehr geehrter Herr Dr. Sagmeister,

Mails wie diese bekommen Sie vermutlich zuhauf. Ich möchte auch nicht in den üblichen Kanon der Bittsteller für eine Menschenfamilie einstimmen, obwohl ich mich ganz sicher diesen zugehörig fühle.

Ich möchte an dieser Stelle eher einen Aspekt einbringen, der für Sie persönlich von Relevanz sein könnte: In spätestens zwanzig Jahren werden junge HistorikerInnen und SoziologInnen und PolitikwissenschafterInnen und viele andere interessierte Leute nach der geschichtlichen Wahrheit forschen. Das hat die Geschichte so an sich: sie will und will einfach mit der Wahrheit raus. Überlegen Sie: auch Ihre Position wird dann einer - geschichtlichen, sprich aber auch: vor der Geschichte als moralisch beurteilten - Sichtweise und Überprüfung unterzogen. Wird man dann von einem Bezirkshauptmann Dr. Sagmeister als einem humanen Menschen urteilen - oder von einem Bürokraten, dem der Buchstabe des Gesetzes wichtiger war als die Frage nach dem eigenen Gewissen?

Ich bitte Sie, das in Ihre Überlegungen - in diesem Falle die Familie Simonyan betreffend -, aber auch in alle weiteren Entscheidungen in Fragen des Bleiberechts miteinzubeziehen. Es kann nur zu Ihrem eigenen Vorteil sein!


Ich schreibe das als einer, der gewiss polarisiert hat in seinem (künstlerischen) Leben. Dennoch wurde mir der höchste Kulturpreis des Landes verliehen. Und das OHO, dem ich als Obmann vorstehe, wird den Österreichischen Kunstpreis 2013 erhalten. Ich darf also mit einem gewissen Recht daran glauben, dass meine Stimme nicht völlig belanglos in Fragen der Ethik - und die Kunst verhandelt ausschließlich das Ethische - dasteht.

In diesem Sinne habe ich mir diese Worte an Sie erlaubt.
Entscheiden Sie als Mensch und nicht als Jota des Gesetzes! Denn, glauben Sie mir: das Gesetz, richtig verstanden, fordert ohnehin mehr Entscheidungsfreiheit ein als von jenen behauptet, denen die Freiheit unheimlich ist.

Mit besten Grüßen

Peter Wagner
http://www.peterwagner.at